Hui… die Ausschreibung für den Kletterbewerb der Landesmeisterschaft im Vorstieg flattert herein – und juhuuu… diesmal findet sie wieder in Linz statt… große Freude…es hat einfach immer riesig Spaß gemacht, bei diesen Bewerben mitzuklettern… und diesmal ist der Bewerb gleich noch ums Eck bei mir… schwups die Anmeldung abgeschickt und die Vorfreude war da… riesengroße Vorfreude sogar… inklusive einem gehörigen Patzen Motivation fürs nächste Mal klettern!
Vielleicht lasse ich es doch lieber bleiben
Ein paar Wochen später werde ich in der Kletterhalle von einer Bekannten angesprochen: „Ich hab gesehen, dass du dich für die Landesmeisterschaft angemeldet hast – willst du dir das wirklich antun? Da klettern ja so viele Bewerbskletterer mit, da hast ja sowieso keine Chance.“
Rumms… das hat gesessen… und in meinem Kopf beginnt sich das Gedankenkarussell zu drehen. Was wenn sie recht hat? Blamiere ich mich dort? Was wenn ich abgeschlagen am letzten Platz lande? Ich hab mir daheim gleich die Nennliste angesehen… uiuiui… so viele Mädels, die gerade bei nationalen und internationalen Bewerben vorne mitklettern und noch dazu sind die meisten 10 Jahre jünger als ich – was mach ich dort? Soll ich mich abmelden? Ich könnte auch einfach sagen, dass ich mich verletzt habe und jeder würde verstehen, warum ich nicht an den Start gehe. Selbstzweifel hoch 3 machen sich breit. Ein paar Tage lang wälze ich Gedanken wie diese und kann schließlich die Nennliste für den Bewerb auswendig – inklusive der Bewerbe bei denen die anderen Teilnehmerinnen in letzter Zeit mitgeklettert sind.
Aus! Stop! So nicht!
Was soll das negative Herumgejammer und Runtergeziehe? Warum möchtest du bei der Landesmeisterschaft mitmachen? Geniale neue Routen! Die Wettkampatmosphäre, die mir so taugt! Einfach einen motivierten Klettertag verbringen und die Chance über mich hinauszuwachsen!
Da ist mir der Gedanke an den Linz-Marathon gekommen – 20.000 Teilnehmer und reale Siegchancen haben wohl nur wenige von ihnen. Als ich 2015 im Halbmarathon an den Start ging, gehörte ich eher nicht zum erlesenen Kreis der Sieganwärter und wer mich kennt, weiß auch, dass ich keine passionierte Läuferin bin. Und dennoch war ich dabei – und niemand hat mich gefragt warum! Und bei meinem Lieblingssport wird mir plötzlich die Frage gestellt, warum ich mir das antue? Das passt doch nicht!
Also, warum nicht auch bei der Landesmeisterschaft mitklettern – einfach weil es mir Freude macht… einfach weil ich die Stimmung mag… einfach weil ich Lust auf die Herausforderung habe. Und würde der Veranstalter Hobbykletterer nicht dabei haben wollen, dann würde das in der Ausschreibung drin stehen. Punkt.
Die mentale Vorbereitung
Den Abend genoss ich in Ruhe zu Hause und die Vorfreude auf den morgigen Tag war groß. Immer wieder erinnerte ich mich an das geniale Gefühl, wenn eine Route geschafft ist und natürlich war mir auch bewusst, dass ein solcher Bewerb das Klettern an der Sturzgrenze bedeutet und auch Stürze beim Klinken durchaus vorkommen werden. Ich konzentrierte mich darauf, dass ich meinen Kletterpartner sehr gut kenne und das Vertrauen in ihn als Sicherer zu 100 Prozent da ist. Mit dem guten Gedanken an die letzte Landesmeisterschaft und die dort durchgestiegenen Routen ging ich eine Stunde früher ins Bett als sonst… das hat gut getan!
Der Start um 12 Uhr kammir als passionierter Langschläferin entgegen und so konnte ich mit einem ausgedehnten, gemütlichen Frühstück in den Tag starten und in Ruhe mein Kletterzeugs zusammenpacken – inklusiver ziemlich neuer Kletterschuhe – allein der Glaube daran, dass ich mit diesen Schuhen besser klettere, hilft schon 😉
Der Tag an dem alles anders war als sonst
In der Qualifikation gab es 13 Routen zu klettern und 4 Stunden Zeit für beliebig viele Versuche. Die Routen waren in 3 Zonen und das Top unterteilt und es wurde bei jeder Route notiert, wie weit ich gekommen war. Zu Beginn schaute ich natürlich, welche Routen eher leichter sein könnten und wurde bei einer blauen Route fündig.
Und irgendwie war heute alles anders als sonst. Ich war extrem konzentriert, wenn ich meinen Fuß auf einen Tritt setzte, dann war das absolut präzise und koordiniert. Selbst dynamische Züge (meine ganz besondere Spezialität 😉 ) waren einfach stimmig. Zielgriff anvisieren, Schwung holen, Zack und passt.
Mein Kletterpartner, der um ein ganzes Stück schwerer klettert als ich, stieg in eine weiße Route ein – eine Verschneidungskletterei und bei ihm schaute es eher aus wie ein Kampf auf Leben und Tod. Uiuiui.. das kann was werden… geistert mir durch den Kopf während ich ihn sichere – aber ich schiebe diesen Gedanken beiseite – hey Verena… du bist schon so viele Verschneidungen im Alpinen geklettert und hey… wie oft hab ich in einer Tour gehört – die nächste Seillänge ist eine Verschneidung… kletter lieber du das… du kannst das besser. Und siehe da – Stück für Stück schiebe und stütze ich mich in der Verschneidung nach oben – und sogar den Zug, an dem vor mir einige gescheitert sind, löse ich auf… geschafft… freu
Mein Fazit von der Teilnahme am Kletterbewerb
Der richtige Fokus macht’s – ich war vom Aufstehen an vollkommen fokussiert auf das Klettern, in den Routen bin ich so konzentriert geklettert wie sonst nie, blockierende Gedanken konnte ich mit mentalen Techniken beiseite schieben und meine Aufmerksamkeit voll und ganz aufs Klettern lenken.
Da die Route in 3 Zonen unterteilt war und es für den jeweiligen Zonengriff auch Punkte gab, war ich immer sehr motiviert, die nächste Zone zu erreichen. An Stellen, an denen ich sonst innerlich vielleicht schon aufgegeben hätte, war ich besonders motiviert, wenn der nächste Griff ein Zonen-Griff war. Tja.. und dann ist es sogar passiert, dass ich die Route doch noch bis zum Top durchgestiegen bin, auch wenn von da an jeder Klinker sehr wackelig war 🙂 Wenn ich heute beim Klettern das Gefühl habe, dass nichts mehr geht, dann setzte ich mir das Ziel zumindest noch einen Zug weiterzuklettern, oft gehen dann sogar zwei oder drei oder noch mehr…
Natürlich muss ich auch sagen, dass an diesem Tag abgesehen vom Klettern nichts mental belastendes passiert ist… kein Arbeitstag und kein Stress – das hilft natürlich beim Fokussieren und Konzentrieren. Ich bin auch einige Male gscheit geflogen – an diesem Tag hat das aber keine Angst ausgelöst, es war genug mentale Energie da, um das gut wegstecken zu können.
Wie genial ich an diesem Tag geklettert bin, wurde mir aber erst in den Wochen danach bewusst. Immer wieder wurde ich in der Kletterhalle angesprochen, dass ich an diesem Tag so toll geklettert bin und dass es so schön und motivierend war mir zuzuschauen. Wow… da bin ich sehr stolz auf mich und spüre gleich wieder die Motivation von diesem Tag!
Schau doch mal welche Kletterbewerbe es bei dir in der Umgebung gibt – immer wieder sind auch Hobbybewerbe ausgeschrieben! Wenn dir Wettkampfstimmung taugt, dann nutz die Chance auf einen motivierenden Klettertag und zu sehen was tatsächlich alles geht!
Alles Liebe,
PS: Den letzten Platz habe ich auch diesmal klar verfehlt – also von dem her, werde ich nächstes Jahr wieder dabei sein!
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