Weite Hakenabstände am Fels… Alle Jahre wieder das gleiche Spiel 🙁 Die ersten warmen Sonnenstrahlen… die ersten Frühlingsblumen… nach der Wintersaison die Tourenski in die Ecke gestellt und endlich endlich endlich steht der erste Klettertag am Felsen auf dem Programm. Die Vorfreude ist riesig… die Motivation ebenso… das Selbstvertrauen auch, denn schließlich hast du über den Winter beim Bouldern viel Kraft aufgebaut… voller Freude stehst du im Klettergarten, steigst in die Tour ein und dann… bamm… plötzlich ist gar nichts mehr eitel Wonne. Hui sind die Haken weit auseinander… und schwups findest du dich ganz unsanft am Boden der Tatsachen wieder…
Der erste Felskontakt in diesem Jahr
Nachdem 25 Grad gemeldet wurden, haben wir aus der geplanten Skitour spontan einen Klettertag gemacht. Ein perfekter Klettertag, super schönes Wetter – die Temperaturen fast schon sommerlich, klettern mit kurzer Hose und von der Sonne angrinsen lassen. Wozu hatte ich eigentlich die Daunenjacke eingepackt 😉 Und mit diesem perfekten Umfeld war ich schon wieder verlockt, meine Erwartungen nach oben zu schrauben. Ich liebe schließlich die Sonne und klettere viel lieber im Sonnenschein als an schattigen Wänden. Auch wenn es einige meiner Kletterpartner immer wieder wundert, so bin ich meine schwersten Routen in der prallen Sonne geklettert, wo andere meinten, dass es viel zu heiß zum Klettern sei – aber das ist eine andere Geschichte 🙂
Über den Winter war ich einige Monate lang nur in der Halle klettern – mit Haken im komfortablen Meterabstand. Und natürlich hat sich auch mein Kopf daran gewöhnt, dass Klinken nahezu kein Thema ist. Es war fast als hätte meine Angst ein Winter-Sabbatical genommen und insgemein hab ich schon gehofft, dass sie von diesem nicht wieder zurückkehrt. Aber am Felsen ist es dann doch wieder etwas anders. Hui der erste Haken ist aber ganz schön weit oben… hui… und der Abstand bis zum zweiten Haken… was wenn ich dort stürze… STOPP!
Diesem Gedankenkarussell wollte ich diesmal ganz sicher keine Chance lassen – denn wohin das führt, weiß wahrscheinlich jeder Kletterer aus eigener Erfahrung nur zu gut. Diesmal wollte ich unbedingt, dass es anders läuft. Was ich statt dem Gedankenkarussell gemacht habe und was sich bei mir bewährt hat, möchte ich mit dir teilen:
Was du tun kannst, wenn negative Gedanken aufkommen?
- Sag Stopp! Du musst dich von deinen Gedanken nicht tyrannisieren lassen.
- Suche dir unterstützendere Formulierungen, die du dir ganz bewusst vorsagst. Hier findest du ein paar Beispiele dazu:
Der nächste Haken ist so weit weg
Bei der nächsten Schlinge ist ein super Griff – dort kann ich klinken
Mir wird die Kraft ausgehen
Ich bin im Winter viel geklettert – ich habe viel Kraft.
Mein Fuß hält nicht
Ich belaste den Tritt – dann hält er
Solange du dein Gehirn mit unterstützenden Formulierungen beschäftigst, hat es kaum Ressourcen für die Produktion blockierender Gedanken
Tipps für einen guten Start am Felsen
- Starte mit Klettergärten, die du gerne hast - schattig, feucht, abgeschmiert, unangenehm, moralische Absicherung, Run-Outs... das sind nicht gerade die geeigneten Zutaten für einen entspannten Klettertag zu Beginn der Saison.
- Klettere Routen, die dir gefallen - für die Angstgegner hast du bis in den Herbst hinein Zeit
- Hab Freude an der Bewegung - klettere ruhig auch leichtere Routen, damit du wieder ein Gespür für den Felsen und die Tritte bekommst. Ein Tag Genussklettern ohne ambitionierte Leistungsziele macht sich vielfach bezahlt.
- Genieße es, draußen zu sein - ist doch ganz ein anderes Lebensgefühl als in der Kletterhalle 🙂
Welche Formulierungen unterstützen dich bei den ersten Klettertagen am Fels nach der Hallensaison? Verrate sie mir und trag sie in den Kommentaren ein.
Ich wünsch dir viele geniale Tage am Fels und eine gute Einstimmung auf die heurige Klettersaison am Felsen.
Alles Liebe,
PS: Hat dich der Artikel weitergebracht? Dann erzähl anderen auch davon!
2 Kommentare
Heidemarie Krejci
1. April 2017Hi, für mich sind diese Gedanken eine Art von Lebensversicherung, immerhin ist im Freien ein Sturz keineswegs immer folgenlos. Ich habe mir aber eines angewohnt: Wenn ich eine Stelle im Vorstieg verweigere, weil es mir zu nahe an der Sturzgrenze (vor allem im sturzunfreundlichen Abschnitten) erscheint, klettere ich genau diese Stelle bewusst im Nachstieg und versuche zu analysieren, ob das Problem der Kopf oder der Körper war. Inzwischen habe ich ein sehr gutes Gefühl entwickelt, wann es wirklich besser ist nachzugeben und wann ich gute Chancen habe, die Stelle zu schaffen.
LG
Verena Haselsteiner-Köteles
1. April 2017Hallo Heidemarie, da hast du vollkommen recht, wenn du im sturzunfreundlichem Gelände kletterst, z.B. oberhalb von einem Podest oder nahe am Boden, dann geht es darum den Sturz zu vermeiden und dann wäre es mitunter auch gefährlich, die objektiven Gefahren zu relativieren. Auch in diesem Gelände können unterstützende Gedanken helfen, wenn nach dem Auschecken im Nachstieg, die Stelle im Vorstieg eingestiegen wird. Wenn man selber ganz fest überzeugt ist, dass es eine gute Idee ist und dass es klappen wird, dann ist ein Sturz viel unwahrscheinlicher, weil viel weniger Kraft benötigt wird als im „Panikmodus“. Auf sich selber zu hören und auch mal nein zu sagen zu einer Tour ist eine ganz essentielle Fähigkeit beim Klettern, vor allem im miesen Sturzgelände oder bei schlechten Absicherungen. Liebe Grüße, Verena 🙂
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