Im Film „Star Wars – das Imperium schlägt zurück“ sagt Meister Yoda zu Luke Skywalker, dass er allein mit der Kraft seiner Gedanken ein Raumschiff aus einem Sumpf herausziehen kann. Luke denkt, dass das unmöglich sei. Yoda aber meint, dass sich in seinem Kopf entscheidet, ob er eine Aufgabe schafft oder nicht. Luke nimmt ihn daraufhin nicht besonders ernst und meint etwas unmotiviert: „Also gut – ich werds versuchen“. Was ihm Yoda antwortet, siehst du hier:
Tu es. Oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen – Meister Yoda
Versuchen funktioniert nicht
Vielleicht kommt dir die eine oder andere Formulierung bekannt vor: Ich kanns ja mal probieren… ich probiers mal bis zum dritten Haken… wirklich Lust hab ich gerade nicht auf die Route, aber versuchen kann ichs ja mal… ich probier mal wie weit ich komme…
All diese probier-versuch-Formulierungen bringen dich nicht weiter. Ich habe ein Beispiel für dich: Vielleicht sitzt du bequem auf einem Sessel, während du diesen Blogartikel liest. Versuche jetzt bitte aufzustehen. Was ist passiert?
Variante 1: Du stehst.
Wenn du stehst, dann hast du nicht versucht aufzustehen, du hast es gemacht – du bist aufgestanden.
Variante 2: Du hast es versucht.
Wenn es beim Versuch geblieben ist, dann hat sich bei dir nichts verändert. Du sitzt immer noch.
Hör auf es zu versuchen – Tu es!
Versuchen ist eine Ausrede. Sie impliziert du hättest eh alles getan, was in deiner Macht gestanden ist, aber es hat halt nicht sollen sein. Aber in Wahrheit hast du dir mit dem Beschluss es zu Versuchen insgeheim schon zugestanden, dass es vollkommen in Ordnung ist, aufzugeben.
- Wie oft hast du schon versucht öfter klettern zu gehen?
- Wie oft hast du schon versucht mehr Kraft zu bekommen?
- Wie oft hast du schon versucht bis zum Fallen zu klettern?
- ….
Solange du es versuchst, musst du nicht wirklich etwas verändern. Du hast damit von vornherein schon die Rechtfertigung parat, dass du etwas, was du dir vorgenommen hast, nicht erreichen konntest. Und du bist vor dir und vor allen anderen fein raus – denn du hast es ja immerhin versucht.
Ideen, wie du ins Tun kommst
- Streiche die Wörter „versuchen“ und „probieren“ aus deinem Wortschatz
- Lass dich von deinem Kletterpartner darauf aufmerksam machen, wenn sich die Wörter „versuchen und „probieren“ doch wieder in deinen Wortschatz einschleichen
- Entscheide dich und stehe dazu! Willst du es tun oder willst du es nicht tun. Möchtest du in die lange überhängende Route einsteigen? Nein? Das ist ok – dann lass es bleiben. Wenn du es wirklich möchtest, dann mache es! Sag dir und auch deinem Kletterpartner: „Ich klettere diese Route“.
Was wenn das Vorhaben unmöglich schaffbar ist?
Ein Raumschiff ausschließlich mit mentaler Kraft zu bewegen – das gelingt wohl nur im Science Fiction Film. Im echten Leben wäre uns sofort klar, dass das nicht gehen kann. Ich bin mir schon bewusst, dass ich – egal wie sehr ich daran glaube – bei meinem nächsten Klettertag eine 8a wohl nicht onsighten werde. Aber gerade an der Leistungsgrenze – am Onsight-Niveau oder knapp darüber entscheidet die Einstellung über Erfolg und Misserfolg.
Abgesehen vom möglichen Durchstieg einer Route ist in „ich mach es“ viel mehr Kraft drin als in „ich versuche es“ und diese Energie kannst du in der Kletterroute auf jeden Fall brauchen. Denn mit mehr Energie macht dir das Klettern bestimmt auch mehr Freude.
An dieser Stelle wäre es für mich sehr verlockend „viel Freude beim Ausprobieren“ zu schreiben 🙂 Nachdem ich dieses Wort aber aus meinem Wortschatz gestrichen habe, wünsch ich dir viel Freude beim Umsetzen!
PS: Erzähl am besten auch deinem Kletterpartner davon! Dann könnt ihr euch gegenseitig drauf aufmerksam machen, wenn ihr wieder einmal etwas probieren oder versuchen wollt!
Trag dich ein und versäume keinen meiner Klettertipps
5 Kommentare
Helen
17. November 2016Danke, Verena, für diesen schlichten, sehr effektiven Tipp. Passt ja auch für sonst im Leben… Was aber tun, wenn ich „beschliesse“, jetzt endlich mal bis zur Sturzgrenze zu klettern (Ich sage also beim Einstieg: Ich tu’s), dann aber doch wieder „zu“ rufe, wenn es ernst wird? Es scheint einen Teil in mir zu geben, den ich nicht mit dem Willen steuern kann.
Verena Haselsteiner-Köteles
17. November 2016Liebe Helen, vielen lieben Dank für dein Feedback! Ich habe zu diesen Teilen in einem selber vor einiger Zeit zwei Blogartikel geschrieben. Im ersten Artikel geht es darum, wie du herausfindest, was dich blockiert. Im zweiten Artikel bekommst du Tipps, wie du mit diesem Anteil umgehen kannst, der immer „zu“ rufen möchte. Wenn du Fragen dazu hast, dann meld dich bitte. Alles Liebe, Verena 🙂
Michael
17. Oktober 2017Hallo Verena. Vielen Dank für die konkreten Tipps zu diesem wohl weitverbreiteten Phänomen bei vielen Menschen (und Kletterern..). Um die eigene Konsequenz zu trainieren finde ich es auch hilfreich, hin und wieder mal eine leichte Route, die man in und auswendig kennt free-solo zu klettern.
Hier gibt es kein Versuchen. Entweder ich mach es oder ich mach es nicht. Wenn ich oft beobachte, dass viele Kletterer auf halber Höhe nach unten rufen „mach mal zu“ dann frag ich mich immer, was das bringen soll. In meinen Augen sollte man ständig an der Sturzgrenze (dann natürlich gesichert) klettern, um sich zu verbessern.
Bei mir war das auch der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass NUR free-solo nichts bringt und mich dann doch dazu entschieden hab, öfter mit Seilsicherung zu klettern.
Wie siehst du das Thema?
Verena Haselsteiner-Köteles
18. Oktober 2017Hallo Michael,
für mich persönlich ist free-solo Klettern nichts. Mir ist das Restrisiko (durch einen lockeren Griff, einen Krampf im Muskel…) zu hoch und ich möchte dieses Risiko nicht eingehen. Ich würde auch niemals jemandem dazu raten, free solo zu klettern, da dies sehr stark vom eigenen Sicherheitsbedürfnis und der eigenen Risikobereitschaft abhängt. Wenn jemand Lust verspürt, free solo zu klettern, dann soll er es natürlich machen – dieser Wunsch sollte aber unbedingt von Kletterer selbst kommen. Wenn der Kletterer nicht voll und ganz überzeugt ist, dass das free solo eine gute Idee ist, sehe ich eine große Gefahr, dass mitten in der Route verdrängte Ängste aufkommen – und dann wird es richtig gefährlich.
Ich beobachte bei Kletterern hinsichtlich des Kletterns an der Sturzgrenze 2 Gruppen. Einerseits Kletterer, die die mentale Stärke haben, ständig an der Sturzgrenze klettern zu können und damit die eigene Leistungsfähigkeit deutlich zu verbessern. Andererseits gibt es auch eine große Gruppe an Kletterern, die diese mentale Stärke nicht so ausgeprägt entwickelt haben. Bei ihnen löst das Klettern an der Sturzgrenze Überforderung, Unsicherheit und Angst aus. Wenn sich diese Kletterer zum Klettern an der Sturzgrenze „zwingen“, dann beginnt eine Abwärtsspirale aus Angst, Überforderung und Frustration bis irgendwann die Freude am Klettern verloren geht. Bei dieser Gruppe empfehle ich, zuerst an der mentalen Stärke zu arbeiten und erst dann das Klettern an der Sturzgrenze anzugehen. Wer das von Haus aus kann und Freude am Klettern an der Sturzgrenze hat, wird diesen Schritt nicht brauchen.
[…] meinem vorherigen Blog-Artikel habe ich bereits darüber geschrieben, warum Versuchen und Probieren beim Klettern nichts bringt. Wenn du 2017 schlechter klettern möchtest, dann versuche das ganze Jahr 2017 besser zu klettern. […]
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